Johannes Wrobel: Die nationalsozialistische Verfolgung der Zeugen Jehovas in Frankfurt am Main, in: Kirchliche Zeitgeschichte (KZG) / Contemporary Church History (CCH). Internationale Halbjahreszeitschrift für Theologie und Geschichtswissenschaft / International Journal for Theology and History (Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen), 16. Jahrgang, Heft 2 (2003), S. 368-462. Englische Abstracts: S. 276, 278.

Inhaltsübersicht (contents)

Einleitung

1. Überblick

2. Die Haftopfer

3. Geistiger Widerstand

4. Rezeption

5. Geschichtliche Entwicklung bis 1933

5.1 Teilnehmer an der Gedächtnismahlfeier

6. Jehovas Zeugen im Nationalsozialismus 1933–1945

6.1 Denunziation und Wahlterror

6.2 Staatliche Verbote

6.3 Die "Erklärung" vom 25. Juni 1933 und frühe Konzentrationslager

6.4 Die "Erklärung" und die Juden

6.5 Die "Erklärung" und staatliche Macht

6.6 Öffentlicher Protest in Basel 1934

6.7 Telegrammaktion am 7. Oktober 1934

6.8 Luzerner Kongreßresolution 1936

6.9 "Offener Brief" 1937

7. Presse, Justiz und Gestapo-Schutzhaft

7.1 Das Urteil vom 26. März 1934

7.2 Richtlinien für die "Schutzhaft" von Bibelforschern

7.3 Bibelforscher-Prozesse

7.4 Fallbeispiel: Strafmaß für Katharina Philippi, Dreieichenhain

7.5 Presseübersicht (Auswahl)

8. Konfrontation mit dem NS-System

8.1 Am Arbeitsplatz

8.2 Religiöse Aktivitäten

8.3 Taufen unter Verbot

8.4 Kinder

8.5 "Umschulung"

9. Nachkriegszeit und heute

Zusammenfassung des Aufsatzes

Die Aufarbeitung der staatlichen und gesellschaftlichen Verfolgung der Zeugen Jehovas (Bibelforscher) im nationalsozialistischen Deutschland erfolgt am Beispiel der Stadt Frankfurt am Main und anhand vieler Einzelbeispiele. Die Wege der Verhafteten in die Gefängnisse, Konzentrationslager oder in den Tod werden kurz skizziert, wobei auch Erinnerungsberichte von Überlebenden Berücksichtigung finden. Die Studie beantwortet die Frage, warum es zur verhängnisvollen Konfrontation mit dem NS-System kam und gibt einen statistischen Gesamtüberblick über die Verfolgung sowie über die Geschichte der Bibelforscher in Frankfurt vor und nach der Hitler-Diktatur. Der Aufbau der Dokumentation orientiert sich an historischen Eckdaten. Dazu gehören der Kongreß am 25. Juni 1933 in Berlin-Wilmersdorf und die Protestaktionen der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas, unter anderem die Telegramm- und Briefaktion an Hitler (1934), zwei reichsweite Flugblattverteilungen (1936 und 1937) und eine Dokumentation über die Verfolgung als Buchveröffentlichung in drei Sprachen (1938), die Nobelpreisträger Thomas Mann rezensierte. Das zunächst günstige Gerichtsurteil vom 26. März 1934 in Darmstadt und schließlich die sich verschärfende Urteilspraxis der Gerichte gegen Zeugen Jehovas, die "Bibelforscher-Prozesse" und auch die Rolle der gleichgeschalteten Presse kommen zur Sprache. Das Verhalten der Zeugen Jehovas in Hitlerdeutschland kann als "geistiger Widerstand aus christlicher Überzeugung" bezeichnet werden, dennoch war er nicht politisch motiviert und zielte keineswegs darauf ab, die bestehende Herrschaft zu beseitigen. Der "relative Gehorsam" der Zeugen Jehovas gegenüber dem Staat wird bis heute als Nichtanerkennung staatlicher Autorität mißverstanden. Seit den öffentlichen Vorführungen der Videodokumentation Standhaft trotz Verfolgung – Jehovas Zeugen unter dem NS-Regime (1996–2003) und der Begleitausstellung, die allein in Deutschland über 6000.000 Besucher gesehen haben, sind Jehovas Zeugen als eine der NS-Opfergruppen von der breiteren Öffentlichkeit und von Fachkreisen wahrgenommen und gewürdigt worden.


ENGLISH ABSTRACT

[page 278]

Johannes S. Wrobel: Die nationalsozialistische Verfolgung der Zeugen Jehovas in Frankfurt am Main

The reappraisal of the persecution of Jehovah’s Witnesses (Bibelforscher, Bible Students) in Nazi Germany, both at state and society level, has been carried out by taking Frankfurt am Main as a case study and by using many individual examples. There are brief outlines of what led to certain individuals being put into prison or concentration camp, or to death, and oral-history reports by survivors have also been taken into consideration. The study, which answers the question how the disastrous confrontation with the Nazi system came about, gives a statistical overview of the persecution and the history of the Bible Students in Frankfurt before and after the Hitler dictatorship. The documentation revolves around historical pivotal dates, such as the convention on June 25, 1933, in Berlin-Wilmersdorf and the protests of the religious organization of Jehovah’s Witnesses, which included a campaign of sending telegrams and letters to Hitler (1934) and two nationwide leaflet distributions (1936 and 1937). Included, also, was the release in three languages of a book which documents the persecution and which was reviewed by Nobel prizewinner Thomas Mann (1938). The article discusses the favorable Darmstadt court decision of March 26, 1934, the increase of harsher decisions against Jehovah’s Witnesses afterwards, comments on the Bibelforscher-Prozesse (Bible Student court cases), and mentions the role of the German press marching in line with the Nazi system. The conduct of Jehovah’s Witnesses in Hitler Germany can be described as “spiritual resistance based on Christian conviction,” but in no way was this resistance politically motivated, nor was it aimed at the removal of the government. The “relative obedience” of Jehovah’s Witnesses toward the state is still, even today, misinterpreted as non-recognition of state authority. Since the public showings of the video documentation, Jehovah’s Witnesses Stand Firm Against Nazi Assault (1996–2003), along with a history exhibition, which were viewed by over 600,000 visitors in Germany alone, Jehovah’s Witnesses have come to be recognized and acknowledged as one of the NS-Opfergruppen (victim groups of National Socialism) among the general public and professional circles.

© 2003 beim Autoren; © 2004 Vandenhoeck & Ruprecht

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