Peter Gstettner: "Farkas, Anita: Geschichte(n) ins Leben holen. Die Bibelforscherinnen des Frauenkonzentrationslagers St. Lambrecht. Graz: CLIO Verlag 2004. 256 S.", Rezensionen, in: Mitteilungen, DÖW - Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Folge 168, Oktober 2004, S. 9


Zitate

"[...] Die vorliegende Arbeit stammt aus einem Projekt zur Rekonstruktion eines relativ unbekannten Nebenlagers von Mauthausen, das als Nebenlager des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück gegründet wurde. Die Studie ist jenen 23 Bibelforscherinnen (Zeuginnen Jehovas) aus fünf Nationen gewidmet, die von Mai 1943 bis zur Befreiung durch die britische Armee im Jahre 1945 im KZ des Stiftes St. Lambrecht in der Steiermark inhaftiert waren.

Für die bisherige KZ-Forschung ist dieses Buch, als Dissertation an der Universität Klagenfurt eingereicht und für die Publikation überarbeitet und erweitert, als ein Meilenstein zu betrachten, weil es zwei Gesichtspunkte betont, die bisher oft vernachlässigt wurden: die geschlechtsspezifische Situation einer bestimmten Opfergruppe, die aus religiösen Bekenntnisgründen interniert wurde, und die Situation in einem kleinen, 'unspektakulären' Nebenlager, das in ländlicher Abgeschiedenheit auf einem ehemals kirchlichen Herrschaftsbesitz errichtet wurde. [...] In mühevoller und liebevoller Erhebungsdetailarbeit zeichnet die Autorin ein anschauliches Bild vom Leben und Überleben dieser Frauen, die als 'Bibelforscherinnen' in den Niederlanden, in Belgien, in Deutschland, Österreich und Polen verfolgt, inhaftiert, drangsaliert und von den Repräsentanten des NS-Systems in erpresserischer Weise in Versuchung geführt wurden, ihrem Glauben an die einzige Herrschaft Gottes Jehovas abzuschwören. [...] Die Spätfolgen der KZ-Haft auf die Frauen werden differenziert eingeschätzt und bewertet. Im Vergleich zu vielen KZ-Deportierten anderer Häftlingskategorien konnten die Bibelforscherinnen offenbar ein beachtliches Ausmaß an identitätsstabilisierenden Faktoren mobilisieren und auch unter schwierigen Lagerbedingungen psychische Traumatisierungen für sich in Grenzen halten. [...]"


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