Günter Endler: Widerstand aus christlicher Überzeugung / Widerstand und Verfolgung der Zeugen Jehovas, in: Boris Böhm / Günter Endler / Rudolf Hajny / Hugo Jensch / Günter Kosmol / Heinz Ruscher: Unsere Heimat unterm Hakenkreuz. Ein Beitrag zu nationalsozialistischer Gewaltherrschaft, Verfolgung und antifaschistischem Widerstand in Amtshauptmannschaft und Kreis Pirna von 1933 bis 1945, hg. vom Verband der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten e.V. im Freistaat Sachsen / Kreisverband Sächsische Schweiz, Pirna 2003, S. 155-159.


Zitate

[S. 157]

"Nach längerer stiller, kaum auffälliger Arbeit im Untergrund erregten die Zeugen Jehovas reichsweit und so auch in der Amtshauptmannschaft Pirna im Herbst 1934 erneut beachtliches Aufsehen. Am Sonntag, dem 7. Oktober, fanden 9 Uhr in vielen Orten Deutschlands sorgfältig vorbereitete Zusammenkünfte der Glaubensbrüder in kleinen Gruppen statt. Diese waren als Auftakt gedacht, um ihr "Verkündigungswerk" ungeachtet des Verbotes nun wieder in vollem Umfang aufzunehmen. Sie wandten sich in gleichlautenden Protestschreiben gegen das Verbot an Hitler, in denen es u.a. hieß, dass die Zeugen Jehovas "sich wieder versammeln" und "um jeden Preis Gottes Gebot befolgen" werden. Solche Veranstaltungen sind z.B. in Groß-Cotta, Hohnstein, Königstein, Lohmen, Pirna-Rottwerndorf, Sebnitz und Stürza nachweisbar. Um die Einheit mit ihren verfolgten Glaubensbrüdern in Deutschland zu bekunden, [S.158] versammelten sich zur gleichen Zeit auch die Gemeinden der Zeugen Jehovas im Ausland und sandten Protesttelegramme an die Reichsregierung.

Nun erfolgte bis zum Jahresende auch in der Amtshauptmannschaft eine rege "verbotswidrige" Versammlungs- und Werbetätigkeit der Zeugen Jehovas. Doch der Gegenschlag des NS-Regimes ließ nicht lange auf sich warten. Bereits ab 2. Januar 1935 wurden zahlreiche Glaubensbrüder verhaftet, so u.a. in Bad Gottlauba, Goes, Groß-Cotta, Heidenau, Hohnstein, Königstein, Lohmen, Neustadt, Pirna, Pirna-Copitz, Pirna-Rottwerndorf, Porschendorf, Rathewald, Sebnitz und Stürza. Dann standen vom 15. August 1935 bis 10. März 1936 in einer ganzen Reihe von so genannten Bibelforscherprozessen mehr als 50 Zeugen Jehovas auch aus diesen Orten vor den Richtern des Sondergerichtes [S. 159] Sachsen, Sitz Freiberg, und wurden "wegen Zuwiderhandlung gegen das Verbot der Internationalen Vereinigung Ernster Bibelforscher" zu Gefängnisstrafen verurteilt. Unter ihnen befanden sich verhältnismäßig viele, etwa ein Drittel zum Teil bereits hoch betagte Glaubensschwestern.

Ihr Vertrauensmann Rudolf Kluge, verurteilt bereits am 15. August, erhielt die höchste Strafe: ein Jahr und sechs Monate Gefängnis."

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